Interview mit der Direktorin von Brabant Remembers, Caroline Belt

Was sind die wichtigsten Veranstaltungen und Aktivitäten, die Brabant Remembers für den 80. Jahrestag der Befreiung Brabants und der Niederlande geplant hat? 

„Brabant: Bridge to Freedom“ (Brücke zur Freiheit) ist der Name des umfangreichen Programms, mit dem Brabant von September 2024 bis Mai 2025 80 Jahre Freiheit feiert. Dieses Thema hat eine doppelte Bedeutung. Physische Brücken werden im wahrsten Sinne des Wortes zur Bühne des Programms, aber eine Brücke symbolisiert auch die Verbindung zwischen Menschen, Orten, Generationen und verschiedenen Zeiten. Vor Ort werden zahlreiche Aktivitäten mit engagierten Freiwilligen, Gemeinden und anderen Organisationen organisiert. Wir organisieren einige Veranstaltungen selbst und arbeiten bei fantastischen Initiativen mit. 

• Achter de Horizon (Hinter dem Horizont): Eines der wichtigsten Projekte von Brabant Remembers ist die Theateraufführung „Behind the Horizon“ (Hinter dem Horizont). Die Premiere findet am 13. September 2024 am historischen Ort der Absprungzone A der Operation Market Garden in Meierijstad statt. Anschließend wird das Theaterstück zwischen März und Mai 2025 durch die Provinz Brabant reisen. Die Aufführung erkundet Frieden und Freiheit innerhalb eines historischen Rahmens aus sechs zeitlosen Perspektiven: der Befreier, der Skeptiker, die Frau, der Flüchtling, der junge Mensch und der Brückenbauer. Auf diese Weise bietet sie eine facettenreiche Perspektive auf (Un-)Freiheit und macht die Geschichte für ein Publikum aller Generationen lebendig und relevant. 

• Wandelestafette Vrijheidspad (Staffelwanderung Freiheitspfad): Im September 2024 findet die Wanderstaffel „Der Freiheitspfad“ statt. Der Freiheitspfad ist ein verbindendes Ereignis, das die Grenzen der niederländischen Provinzen überschreitet. Er schafft ein Gefühl der Verbundenheit zwischen den Provinzen Limburg, Nordbrabant und Gelderland und erzählt die gemeinsame Geschichte der Befreiung der südlichen Niederlande. Wir verbinden verschiedene Aktivitäten und Gedenkfeiern entlang der Route der Operation Market Garden. Auf diese Weise können wir die Einwohnerinnen und Einwohner stärker einbinden und ein breites Publikum für das Thema sensibilisieren.

• Vrijheidsmonologen (Freiheitsmonologe): Eine Programmkomponente, die am 5. Mai 2024 begann und am 5. Mai 2025 ihr großes Finale haben wird, sind die „Freiheitsmonologe“. Wortkünstler nehmen an verschiedenen Freiheitsmahlzeiten teil und führen Gespräche darüber, was (Un-)Freiheit für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedeutet. Diese Gespräche verarbeiten sie in einer Mini-Performance. Am 5. Mai 2025 kommen alle Wortkünstler zusammen, um ihre Kreationen im Rahmen des Liberation Festival Brabant in 's-Hertogenbosch aufzuführen.  

Dies ist nur ein kleiner Einblick in das umfangreiche Programm von Brabant Remembers, denn neben diesen besuchbaren Aktivitäten sucht die Organisation in Zusammenarbeit mit der Universität Tilburg und Erfgoed Brabant ständig nach neuen Geschichten über den Zweiten Weltkrieg. Im September wird Brabant Remembers sogar einen Comic mit dem Titel „De Erfenis“ (Das Vermächtnis) herausbringen. Auf diese Weise möchten wir das Gedenken und die Feierlichkeiten anlässlich der 80 Jahre Freiheit mit einem breiten Programm für Jung und Alt zugänglich machen.

Wie plant Brabant Remembers die jüngere Generation in die Gedenkaktivitäten einzubeziehen? Warum ist dies Ihrer Meinung nach wichtig?  

Es gibt praktisch kaum mehr Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs. Für die jüngeren Generationen wird der Abstand zu dieser gemeinsamen Geschichte immer größer. In der Zwischenzeit ist der Krieg näher als je zuvor: Er findet nun auch wieder auf europäischem Boden statt und über unsere Telefone erreichen uns täglich schreckliche Bilder von bewaffneten Konflikten. Der zeitliche Abstand zum Zweiten Weltkrieg wird immer größer, doch der gesellschaftliche Diskurs über Frieden und Freiheit ist aktueller denn je. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, jüngere Generationen in die Gedenkaktivitäten einzubeziehen. Indem wir die persönlichen Geschichten aus dieser Zeit als wertvolle Zeugnisse einer Ära, die die Welt für immer verändert hat, weitererzählen, erinnern wir daran, warum Frieden, Gerechtigkeit und die Verhinderung solcher Schrecken für unsere Zukunft so wichtig sind.

Brabant Remembers setzt sich aktiv für die Einbeziehung junger Menschen ein. Das Projekt Studio Herinner (Studio Erinnern) ist ein gutes Beispiel dafür, da es von und für junge Menschen durchgeführt wird. Die Teilnehmenden führen Gespräche zum Thema „Was bedeuten Erinnerungen an (Un-)Freiheit für dich?“. Die Jugendlichen kommen in Workshops zusammen, in denen sie zusammen mit Künstlerinnen und Künstlern kreative Formen dieser Erinnerungen schaffen. Kunst regt die Fantasie an und erweckt Geschichten zum Leben. Alle Ergebnisse der Workshops werden in einer Kunstinstallation mit dem Namen „Het Geheugen“ (Das Gedächtnis) zusammengefasst, die öffentlich für ein breites Publikum ausgestellt wird. Auf diese Weise hoffen wir, jungen Menschen aus Nordbrabant zu helfen, den Wert des Friedens zu erfahren und ihnen eine aktive Rolle bei der Gestaltung des Gedenkens und der zukünftigen Feierlichkeiten zu geben.

Können Sie uns bestimmte Geschichten oder Highlights nennen, die während der Jubiläumsveranstaltungen zur Erinnerung an die Befreiung präsentiert werden sollen? 

Persönliche, lebensverändernde Kriegsgeschichten bilden stets die Grundlage des Programms von Brabant Remembers. So sind zum Beispiel alle Teilnehmenden der Veranstaltung „Freedom Path“ eingeladen, eine persönliche Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg auszuwählen, die sie während der Reise mit sich tragen; eine Übersicht dieser Geschichten finden Sie unter vrijheidspad.org. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können auch ihre eigenen Erzählungen über Frieden und Freiheit einbringen, die sie vorstellen möchten. Auf diese Weise können nicht nur die Erinnerungen an die Vergangenheit, sondern auch neuere Erlebnisse einbezogen werden. So zum Beispiel Geschichten über generationenübergreifende Traumata und die Auswirkungen des Krieges auf die Familien. Wir sehen auch, dass sich ein Wandel abzeichnet: Es werden nicht nur die Geschichten aus der Vergangenheit erzählt, sondern die Bedeutung und die Relevanz dieser Erlebnisse stehen für die Menschen von heute im Mittelpunkt.

Brabant Remembers bietet eine beeindruckende Reihe innovativer und interaktiver Aktivitäten zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg. Haben Sie Vorschläge für andere Regionen, Städte oder Organisationen, die neue Formen des Gedenkens in ihre Kulturprogramme aufnehmen wollen?  

Das ist eine schwierige Frage, denn es gibt bereits viele Partner, die großartige innovative und interaktive Projekte organisieren. Dennoch würde ich die folgenden Vorschläge machen: 

• Suchen Sie die Zusammenarbeit mit anderen Branchen außerhalb des Kulturerbe-Sektors. Laden Sie z. B. Kreative und Schaffende aus dem Kultursektor ein, an der Entwicklung neuer Formen der Präsentation von Geschichten aus der Vergangenheit und der Interaktion mit dem Publikum mitzuwirken. 

• Beziehen Sie neue Zielgruppen ein und scheuen Sie sich nicht, über den Tellerrand hinauszuschauen und die Kontrolle loszulassen. Machen Sie sich auch bewusst, dass nicht jede und jeder heute automatisch über Wissen über den Zweiten Weltkrieg verfügt oder eine persönliche Verbindung zu den Erzählungen aus dieser Zeit hat. 

• Erzählen Sie nicht einfach nur historische Ereignisse, sondern stellen Sie eine aktive Verbindung zu aktuellen Themen her. Dies hilft den Menschen, einen Bezug zur Vergangenheit herzustellen und die heutige Relevanz der damaligen Ereignisse zu erkennen. Es ist zwar wichtig, weiterhin historische Geschichten zu erzählen, aber es ist auch wichtig, sich darauf zu konzentrieren, wie diese Erzählungen die aktuellen universellen Werte der Freiheit widerspiegeln. Auf diese Weise können wir die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg auf die heutige Gesellschaft übertragen.

Was möchten Sie potenziellen Besucherinnen und Besuchern Ihrer Region mitteilen? Gibt es bestimmte Orte oder Gedenkveranstaltungen, die Sie empfehlen würden?  

Ich würde sehr empfehlen, das ganze Jahr über die Stätten des Zweiten Weltkriegs in Brabant zu besuchen: 

• Nationales Mahnmal Lager Vught: Ein ehemaliges SS-Konzentrationslager, in dem sich heute ein Besucherzentrum mit Ausstellungen und einer Gedenkstätte befindet, die an das Lager und seine Opfer erinnert. 

• Kriegsmuseum Overloon: Das größte und älteste Museum des Zweiten Weltkriegs in Westeuropa, 1946 eröffnet, das Themen wie Unterdrückung, der Nahrungsmittelknappheit und des Widerstandes während der Besatzungszeit behandelt. 

• Wings of Liberation (Flügel der Befreiung): Dieses Museum in Best verfügt über eine umfangreiche Sammlung von Militärflugzeugen und -fahrzeugen. Es erzählt die Geschichte der Operation Market Garden. 

• Kanadischer Soldatenfriedhof Bergen op Zoom: Dies ist die letzte Ruhestätte der kanadischen Soldaten, die unter anderem in der Schlacht an der Schelde ihr Leben verloren haben. 

• Maczek-Gedenkstätte Breda: Eine einzigartige Gedenkstätte, die die Geschichte der 1. polnischen Panzerdivision bei der Befreiung der Stadt Breda erzählt. Das Zentrum ist nach General Stanisław Maczek benannt, dem polnischen General, dessen Truppen es schafften die Stadt mit wenigen bis gar keinen zivilen Opfern zu befreien. 

Außerdem werden im September, Oktober und Mai in ganz Nordbrabant zahlreiche Aktivitäten organisiert, um unserer Freiheit zu gedenken und sie zu feiern. Dazu gehören die Schotterradtour Operation Pheasant, die an verschiedenen Orten in Brabant stattfindet, das einzigartige Freilichttheaterstück „Tweestrijd“ (Konflikt) in Bergen op Zoom und der “Freedom Run - Liberty Loop” in Eindhoven. Einen vollständigen Überblick über alle Aktivitäten finden Sie unter europeremembers.com/brabant oder brabantherinnert.nl.